Texte und Gedanken von mir

Rund ums Thema Hund

Hier werde ich immer mal wieder Gedanken von mir zum Thema Hund veröffentlichen. Die meisten dieser Texte findest du auch auf meiner Facebook-Seite. Da jedoch nicht alle auf Facebook sind, möchte ich sie hier sammeln.

 

Alle Rechte der Texte verbleiben bei mir.

 


"Das Problem befindet sich immer am Ende der Leine"

- bis dir einmal im Leben die Genetik des Hundes auf die Füsse fällt

 

 

 

 

 

Wie oft haben unsere Kund*Innen diesen Spruch schon gehört, wenn sich Fido mal wieder wie die Axt im Wald an der Leine benimmt. Oder den Besuch gebissen hat. Von Trainer*Innen, Spaziergänger*Innen, Züchter*Innen, der Nachbarschaft oder was weiss ich. Und die Übersetzung davon ist: Du bist das Problem.

Oder:

  • Du hast versagt.
  • Du hast deinen Hund nicht im Griff.
  • Du bist schuld.
  • Du hast zu wenig gemacht. Oder zu viel. Egal. Aber auf jeden Fall das Falsche.
  • Bei jemand anderem wäre dieser Hund eine Friedenstaube.

So weit so gut. Nur: Was helfen solche Sprüche? Sie sind weder hilfreich noch zielorientiert. Und sie sagen (wie so oft) mehr über die Person aus, die sie sagt, als über die, an die sie gerichtet sind. 

Aber ist es denn wirklich so einfach? Ist immer der Mensch «schuld» am Verhalten seines Hundes? Schauen wir uns zuerst doch einfach mal zwei völlig unterschiedliche Situationen an:

 

Situation A

Herr Alois ist mit seinem dreijährigen Malinoisrüden Anton unterwegs, als ihm Familie Adalbert entgegenkommt: Zwei der Kinder rennen schreiend einem Fussball hinterher, das dritte Kind flitzt mit seinem MiniScooter kreuz und quer, die Mutter trägt das vierte Kind auf den Schultern, während eine röchelnde, in der Leine hängende Französische Bulldogge den Vater hinter sich herzieht.

Und dann löst der Mali aus: Mit voller Wucht und Lautstärke schmeisst er sich in die Leine und wenn er könnte, wie er wollte, wäre das für niemanden mehr lustig oder angenehm.

 

Situation B

Schafhirt Benni hat gerade die unteren Zäune kontrolliert. Weit hinten sieht er Bella und Bana zwischen den Schafen ruhen. Die beiden Maremmano-Hündinnen sind Geschwister und bewegen sich oft in Sichtweite zueinander in der Herde. Als Benni zu der hinteren Felsformation geht, kommt ihm Bali entgegen. Der stattliche Rüde holt sich ein paar Streicheleinheiten und legt sich dann wieder hin. Von oben nähert sich eine Wandergruppe. Die beiden Hündinnen stellen sich vor die Herde, bellen. Bali steht ebenfalls auf, geht ein paar Schritte Richtung der fremden Menschen, macht sich gross, knurrt. Dann bellt er kurz. Die Leute halten Abstand, alle Hunde legen sich wieder hin.

 

Zur Situation A

Ja, natürlich habe ich mich einiger Klischees bedient. Oder auch nicht? Denn nehmen wir mal an, wir ersetzen den dreijährigen Malinoisrüden Anton durch den dreijährigen Kleinpudelrüden Anatol. Und Herr Alois hätte vom gleichen Tag an alles gleich gemacht wie mit dem Mali Anton. Vielleicht würde auch Pudel Anatol in dieser Situation irgendwann in der Leine hängen. Aber ziemlich sicher nicht mit dieser Wucht und nicht mit dieser Aufregung wie Anton und würde die Leine reissen, wäre es wohl auch nicht sehr angenehm, aber bei weitem nicht so gefährlich wie bei Anton.

 

Zur Situation B

Und jetzt ersetzen wir mal auf der Alpwiese Bella und Bana durch die Kleinpudelhündinnen Bila und Bente und den Maremmanorüden Bali durch den Kleinpudelrüden Bundi: Hirte Benni hätte immer wieder tote Schafe, denn die Pudel hätten sich den erstbesten Spaziergängern angeschlossen und wären nie mehr in der Nähe der Schafe gesichtet worden.

 

Wie oft hat nun Herr Alois mit seinem Mali schon zu hören bekommen, das Problem liege immer am anderen Ende der Leine? Oft. Wie oft hat Benni das schon zu hören bekommen (haha, die HSH sind ja nicht an der Leine, aber ihr versteht schon…)? Wahrscheinlich noch nie.

 

Weshalb wäre die Situation für Benni der Supergau, wenn er drei Kleinpudel hätte? Aha. Weil Kleinpudel nicht seit hunderten von Jahren dafür gezüchtet und selektioniert wurden, Vieh zu beschützen. Genetik eben.

 

Weshalb wären solche Situationen für Herrn Alois sehr viel angenehmer, wenn er einen Kleinpudel hätte? Weil Pudel viel weniger reizoffen sind als Malinois, nicht seit Generationen als Dienst- und Sporthund gezüchtet werden, in denen diese Reizoffenheit genauso wichtig ist, wie Schnelligkeit, körperliche Härte, der Wille in Konfliktsituationen nach vorne zu gehen und hohe Erregungslagen in einem gewissen Mass zu suchen und auch zu geniessen. Genetik eben.

 

Bedeutet das nun, dass Herr Alois damit leben muss? Weil «Malis halt so sind»? Nein. Das bedeutet aber, dass Herr Alois, um dieses Problem zu lösen, mehr Zeit und Energie investieren muss, als jemand, der einen Kleinpudel hat. Und dass von einem Malinois oder Rottweiler oder Bullterrier oder oder eben eine deutlich höhere Gefährlichkeit ausgeht, wenn die Genetik zuschlägt (um es mal ganz plump zu sagen).

Beissen können sie alle. Natürlich. Aber je nach Körpergrösse, Körperbau und Genetik hat dies völlig andere Auswirkungen. Und wer das beschönigt und negiert, handelt in meinen Augen schlicht grobfahrlässig.

 

Und ja, ich weiss: Es gibt natürlich auch die total gefährlichen Kleinpudel. Und es gibt auch den Malinois, der als Nannydog (nur schon bei diesem Wort steigt mir die Galle hoch) so wunderbar ist. Aber nur weil die Grossmutter meines Kinderfreundes geraucht hat wie ein Bürstenbinder und trotzdem 99 wurde, heisst das nicht im Umkehrschluss, dass Rauchen keinen Einfluss auf die Gesundheit hat. Es geht hier um Wahrscheinlichkeiten. Und nicht um die Ausnahmen.

 

Zurück zum Anfang: Nein, das Problem liegt schlicht und einfach NICHT immer und nur am anderen Ende der Leine. Denn da spielt noch so was Kleines, Nettes mit, das sich Genetik nennt. Und diese soll weder als Ausrede («Pudel kläffen halt, da kann man nichts machen»), noch als Schuldzuweisung («Ich habe als Züchter*In eine Topverpaarung gemacht, dieses Verhalten ist hausgemacht» dienen. 

 

Einmal mehr heisst es: Augen auf bei der Rassewahl, Rassemixen oder beim Herkunftsland des Hundes. Und nur, weil ich «Deutsch Drahthaar so schön finde», heisst das nicht, dass ich mit solch einem Hund in meiner jetzigen Lebenssituation, meinen Fähigkeiten und meiner Persönlichkeitsstruktur glücklich werde (und der Hund auch nicht). Denn von «schön» wird man nicht glücklich. Und Genetik lässt sich weder wegerziehen, noch schönreden.

 

Nina Miodragovic


Pubertär, potent und sozial unverträglich

Echt jetzt?

Aber blenden wir doch mal zurück:

Wir waren an Demos, haben zu laut Musik gehört.

Wir haben Autos getunt oder waren barfuss und nur noch mit dem Rad unterwegs.

Wir fühlten uns stark und unverwundbar und all diese spiessigen Gesetze und Einschränkungen kotzten uns so richtig an.

Wir zogen in Clans um die Häuser. Oder sassen in der Waldhütte am Feuer. Schmiedeten Pläne. Lachten uns tot. Retteten Frösche. Veränderten die Welt.

Wir wussten, dass wir die grosse Liebe gefunden hatten und ohne sie nicht leben konnten.

Abends im Bett waren wir verdammt allein, fühlten uns unverstanden und alles war einfach nur noch zum Kotzen.

 

Und zwei Tage später, auf der Fahrt zum OpenAir waren wir so frei und glücklich wie noch nie.

Und Kinder wollten wir eh nie. Wer kann es denn verantworten, Kinder in diese beschissene Welt zu setzen.

Wenn wir mal erwachsen sein würden, wollten wir alles anders und vor allem besser machen. Eh klar.

Pubertät ist ein Zuviel von ganz Vielem: Ein Zuviel an Gefühlen. Ein Zuviel an Selbstüberschätzung. Ein Zuviel an Wut. Ein Zuviel an Hormonen. Ein Zuviel an Verliebtheit. Ein Zuviel an Kraft. Ein Zuviel an Selbstbewusstsein. Ein Zuviel an Selbstzweifeln.

Und ein Zuwenig an Hirn. Und an Gelassenheit.

Und genauso muss es sein. Denn nur so schiesst man mal übers Ziel hinaus und lernt. Nur so findet man heraus, wer man ist. Und nur so wird man irgendwann etwas gelassener. Und klarer. Und lebensfähig.

Aber dafür braucht es dieses Zuviel. Dafür braucht es dieses Überschiessen. Und dafür braucht es Zeit. Wir reden nicht von Monaten. Sondern von Jahren. Sowohl beim Menschen, als auch beim Hund. 

Und nun sind wir wieder beim Anfang: Pubertär, potent und sozial unverträglich. Egal ob Rüde oder Hündin, meist so um die 18 Monate (also mitten in der Pubertät), langsam aber sicher eine wunderbare Leinenaggression entwickelt, dann (verständlicherweise) immer weniger Hundekontakt im Alltag, dann (unverständlicherweise!!) von x Trainer*innen als sozial inkompetent, überschiessend und schwierig eingestuft. Und natürlich ungefragt schon ganz viele wunderbare Tipps von Hinz und Kunz bekommen:

«Wäre das meiner, würde ich dem aber mal so richtig die Nägel einschlagen. Jetzt setz dich einfach mal durch. Und zwar richtig!»

«Das geht vorbei. Lenk ihn ab und mach einen grossen Bogen.»

«Es liegt an dir. Du vermittelst zu wenig Sicherheit. Dein Hund vertraut dir nicht.»

«Du musst viel kleinschrittiger und ohne Stress und Druck trainieren! Alles andere ist Steinzeit, tierschutzrelevant und wissenschaftlich schon lange widerlegt.»

«Kastrier ihn endlich!»

Gut. Und jetzt?

Ja, die Leinenaggression muss gelöst werden. Und zwar durch Training. Und nicht durch Kastration. Wie sich ein Hund an der Leine gebärdet, hat aber nichts (!!) mit seiner sozialen (In)Kompetenz anderen Hunden gegenüber zu tun. 

Hunde müssen sich ausprobieren dürfen. Mit anderen Hunden. Gleichaltrigen. Älteren. Jüngeren. Und zwar nicht nur als Welpen. Sondern vor allem danach. In der Pubertät, der Adoleszenz und bis sie wirklich erwachsen sind. Also etwa dreijährig. Und zwar nicht auf der Hundewiese im gesetzlosen Raum. Und auch nicht in einer Raufergruppe, in der einfach alles, was sich angemeldet hat, zueinander geschmissen wird. Denn dann werden nur die Starken stärker und die Schwachen schwächer oder lernen, sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun, um dann andere verkloppen zu können (ein Schelm, wer …). Pubertäre Vierbeiner müssen sich treffen können mit passenden Gegenübern. In einem geschützten Rahmen. In dem sie Zeit bekommen sich auszuprobieren. Blöd zu werden. Auf die Mütze zu bekommen. Zurückzugeben. Frieden zu schliessen. Rumzuprollen. Es zu übertreiben. Schutz zu bekommen bei seinem Menschen. Selber die Konsequenzen tragen zu müssen, wenn man im vollen Galopp auf den anderen zuschiesst. Hündinnen müssen lernen, sich zu wehren und sich die Jungs vom Leib zu halten (und das lernen sie nur, wenn sie es üben dürfen, wenn sie nicht einfach überrannt werden, sondern wenn ihre anfänglich vorsichtigen Versuche Wirkung zeigen! Und wenn sie bei Bedarf Schutz bekommen von ihrem Menschen).

Und ja, das braucht genaue Planung (und zwar für jeden Anlass von Neuem!) von uns Trainer*Innen. Und ja, da kann man nicht 15 – 20 Hunde an einem Abend in sechzig Minuten durchschleusen. Und ja, da muss man anschliessend erklären und aufzeigen können. Und noch vieles mehr. Augen auf bei der Berufswahl.

Aber nur so werden die Schnösels und Schnöselinen kompetent. Und irgendwann mit dreijährig oder so auch endlich mal ein bisschen gelassen. Aber dazu braucht es Zeit und Gelegenheiten und Übung und Frustrationstoleranz und eine geklärte Beziehung zu seinem Menschen und Hormone. Oder um dieses wunderbare Zitat von Maren Grote mal wieder zu verwenden: 

„Hormone machen eben auch vernünftig, gechillt, fair und weniger schnell gestresst. Diese Dinge werden gern unterschlagen. Und für mich persönlich ist das Erwachsenwerden-Dürfen ein Grundrecht des Hundes. Danach kann man diskutieren und sicher ist es auch mal angebracht. Aber bevor der Hund nicht komplett ausgereift ist, nimmt es ihm so viele Möglichkeiten, einfach cooler durchs Leben zu gehen.“

Und ja, es ist mühsam. Und ja, es ist anstrengend. Für alle Beteiligten. Aber es ist auch eine unglaublich spannende und wichtige Zeit. Geniesst sie. Holt euch Unterstützung, bei der man mit euch und mit eurem Hund wohlwollend umgeht. Und lasst euch nicht einreden, dass euer Hund mit 18 Monaten sozial inkompetent ist.

 

 

Nina Miodragovic


Wo sind sie geblieben?

Wo sind sie geblieben? All die Selbstverständlichkeiten?

Die Selbstverständlichkeit, meinen Hund überall anfassen zu können. Zu jeder Zeit. Auch an einem Mittwoch. Auch bei Regen. Auch nach 19Uhr.

 

Die Selbstverständlichkeit, auch einem Welpen bereits gewisse Dinge zu verbieten. Einfach so. Total klar und ruhig und konsequent. Ohne ihn abzulenken. Ohne ihn wegzufüttern. Ohne mich dabei schlecht zu fühlen. Es einfach tun. Körperlich.

 

Selbstverständlichkeit, meinem Hund die Pfoten waschen zu können. Ihm einen Maulkorb aufsetzen kann. Ihn bürsten kann. Eine Zecke rausdrehen kann. Dass er einfach stillhält. Ohne es über Monate «aufkonditioniert» zu haben. Ohne Medical Training. Einfach so. Selbstverständlich eben.

 

Die Selbstverständlichkeit, mich mit meinem Hund auf dem Boden wälzen zu können, ihn ins Fell zu packen, ihn nach meinen Händen und Armen greifen zu lassen. Alles zu vergessen. Nur rumzublödeln. Lustig, doof, körperlich. Drunter und drüber. Ohne irgendwelches Dominanzgedöns im Hinterkopf zu haben.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Hunde knurren. Dass sie Zähne haben. Dass sie beissen. Dass sie Beutegreifer sind.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ich meinen Hund körperlich blockieren kann. Und dass er es versteht. Weil Hunde das verstehen. Und entspannt damit umgehen.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass es viel braucht, bis ein Hund traumatisiert ist. Und dass Hunde lernfähig und veränderbar sind. Auch wenn wir glauben, dass sie traumatisiert sind.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ich um meinen schlafenden Hund, der sich auf dem Wohnzimmerteppich breit macht, herumgehen kann. Ohne dass mir ein Stein aus meiner FühranspruchKrone rausfällt. 

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ich meinen Weg gehe und davon ausgehe, dass mir mein Hund aus dem Weg geht.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ich auf meinen Hund und er auf mich Rücksicht nimmt. Bereits als Welpe und Junghund. Ich bin nicht sein Kratzbaum oder sein Anspringbock, ich lasse mir weder die Arme zerkauen, noch die Hosen zerfetzen.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass der Hund nicht mein Kind, mein Baby, mein*e Partner*in ist. Sondern mein Hund. Der Führung und Klarheit braucht, um Hund sein zu können, um sich entspannten zu können.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Hunde blöd, doof, mühsam, anstrengend und nervraubend sind. Dass sie bis gut dreijährig sich immer mal wie durchgeknallte, hormongesteuerte Punks benehmen werden. Dass man sie deswegen weder sofort kastrieren, weg geben oder einfach ignorieren soll. Sondern erziehen. Dranbleiben. Und die Entwicklung geniessen.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Rüden mal schlecht fressen oder heulen wegen läufigen Hündinnen. Dass sie aber sehr wohl lernen können, mit Frust und und ihren Hormonen umzugehen. Dass sie dafür aber Klarheit, Erziehung und ZEIT brauchen, um erwachsen zu werden.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Hündinnen sich während ihrer Läufigkeiten und überhaupt in ihren Zyklen unterschiedlich verhalten. Dass sie scheinträchtig werden. Dass sie mal anhänglich, mal abweisend, mal überschäumend, mal etwas mehr zurückgezogen sind.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Hormone nicht nur da sind, um für Nachwuchs zu sorgen. Sondern dass sie auch für die Persönlichkeitsentwicklung und die Gesundheit zuständig sind. Hunde werden nach der Pubertät dank den Hormonen ruhiger, gelassen, fair und gechillter. Dafür müssen sie aber durch das pubertäre Chaos hindurch dürfen. Ohne Kastration. Ohne Hormonchip. Sondern mit Erziehung, Grenzen, einem klaren Menschen, der auch mal über sich selbst lachen kann.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ich mich nicht rechtfertigen brauche, weil ich für gewisse Dinge mit Futter als Belohnung arbeite. Und dass ich deswegen weder locke, noch ablenke, noch besteche. Und dass ich deshalb genauso führen und klar sein kann.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ich meinen Hund anleine, wenn mir Mensch, Pferd, Kuh, Kind, angeleinter Hund – ob mit oder ohne gelbe, grüne, pinke Schleife – entgegenkommt. 

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ein Hund lernen kann, an lockerer Leine zu gehen.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ein Terrier ziemlich sicher weniger gechillt ist als ein Bernhardiner. Und ein Deutscher Schäfer schneller auf Bewegungsreize reagiert als ein als ein Labrador aus ShowLinie. Dass ein Spaniel die Nase am Boden hat. Und dass sie trotzdem alle ansprechbar bleiben können im Alltag. Mit mehr oder weniger Aufwand seitens uns Menschen. 

 

Die Selbstverständlichkeit, dass ein Hund, der nicht zuverlässig zurückkommt, an die Leine gehört.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Hunde auch mal streiten. Dass es auch mal knallt. Dass sie auch mal unfair sind. Und dass sie deswegen noch lange nicht für ihr restliches Leben traumatisiert sind und deswegen für immer an der Leine pöbeln oder nie wieder in Kontakt sollten mit anderen Hunden.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Junghunde versuchen, sich an der Leine aufzuregen, zu pöbeln, sich gross zu fühlen. Egal, ob sie mit 8,34 Monaten von einem freilaufenden Hund angegangen wurden oder nicht. Und dass es unser Job ist, dies zu regeln und nicht einfach damit zu leben und irgendwelche lebenslangen Ausreden dafür zu haben.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Angsthunde nicht über Jahre in ihrer Angst gefangen bleiben müssen, nur weil wir Menschen ihnen das Tempo überlassen wollen (und sich dabei gut fühlen), statt sie klar und zielgerichtet aus ihrer Komfortzone in und dadurch durch die Angst zu führen. Und in ein lebenswertes Leben. Und das nicht nach Jahren. 

 

Die Selbstverständlichkeit, dass viele gerettete Hunde nicht dankbar sind. Dass sie genetisch vielleicht seit Generationen «wild» lebten und sich auch so selektiert haben, dass sie sich hier zwischen Gartenzwergen, Leinen und menschlichen Ansprüchen fühlen wie der Bär im Betonbunker: Fettgefüttert, unverletzt, keinen Gefahren ausgesetzt, aber innerlich tot, leer und mit dieser verdammten Sehnsucht nach Selbstbestimmung.

 

Die Selbstverständlichkeit, dass Hunde unglaublich hochsoziale Wesen sind. Dass es kein immer und kein nie gibt. 

 

Wo sind sie geblieben? Ich werd’ es nie verstehn, ich werd’ es nie verstehn.

 

Nina Miodragovic

 

Wer will, darf den Text gern via das unten angehängte pdf runterladen, weiterschicken oder was auch immer.

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"Aber warum??!" - "Weil ich es will."

Oder über den Umgang mit Selbstverständlichkeiten

Hunde können und sollen lernen, sich mit anderen Hunden in einem Raum aufzuhalten. Und zwar in einem normalen Raum (nicht in einer Turnhalle und in jeder Ecke sitzt allerhöchstens ein Hund, lieber noch mit einer leeren Ecke dazwischen… ). In realistischen Abständen. Und zwar unabhängig davon, ob er diese Hunde kennt, ob sie gross, schwarz, dick, dünn, kastriert, pink gestreift oder grün gepunktet sind. Unabhängig davon, ob mein Hund 19 Wochen, 7 Jahre alt, aus dem Tierschutz, von der Züchterin oder weiss der Geier was ist. Wenn der Hund bei mir an der kurzen Leine ist, liegt die Verantwortung bei mir und er soll bereits früh lernen, dass es dann wunderbar langweilig wird und er entspannen kann. Die beste Möglichkeit also, sich hinzulegen und zu pennen. Es gibt auch keine Leckerli im 3-5-7-9-2-5-11(Achtung, viiiel zu lang!)-2-3-2-4-Sekunden Abstand. Denn es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ein Hund einfach neben uns liegen kann. 

Und wenn Hund will, darf er auch gerne versuchen zu diskutieren. Auch gut. Denn ich sage genau 1x etwas (nämlich «platz» oder «Decke» oder was auch immer) und danach wars das von meiner Seite her. Ich zeige auch nicht mehr mit der Hand Richtung Boden, kein «nein», nichts. Der Rest ist körperliche Arbeit. Das hat nichts mit Gewalt zu tun. Sondern damit, dass Hunde lernen sollen, dass wir auch körperlich mit ihnen arbeiten. Sie körperlich führen, sie körperlich manipulieren. Ohne wütend zu sein. Ruhig und klar. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der wir sie auch den ganzen Tag verbal zutexten.

Denn wenn ich irgendwo sitze und meinen Hund dabei habe, dann steht er gerade nicht im Mittelpunkt. Sondern dann möchte ich gerne essen und oder mich mit anderen Leuten unterhalten oder dem Löwenzahn beim Wachsen zuschauen oder der Goldammer beim Nestbau. 

Und ja, so einfach wie das hier klingt, ist es häufig nicht. Auch das darf sein. Denn dann haben wir die Möglichkeit, diese Sache auszusitzen und der Hund bekommt die Möglichkeit, ganz viel über uns und sich zu lernen. Und wir können ihm ganz nebenbei aufzeigen, dass wir einen Plan haben und diesen durchziehen. Und das steigert unsere Kompetenz in den Augen des Hundes enorm (auch wenn sie es nicht immer zugeben würden) und ist wieder ein Steinchen mehr im Mosaik des Vertrauensaufbaus. 

 

Viele Hunde, die diese Übung oder diese Art der Arbeit nicht kennen, probieren so ziemlich alles aus, was es an Möglichkeiten gibt, um diese Übung nach ihrem Gutdünken zu gestalten:

«Dann fresse ich eben die Leine.»

Leine wird aus dem Fang genommen.

«Dann fresse ich die Decke»

Decke wird aus dem Fang genommen.

«Ich möchte die Decke aber trotzdem fressen!»

Decke wird aus dem Fang genommen.

«Mir ist laaaaangweiiiiilig!!!!!!» Auffordernder Blick, laaaanges Strecken und gleichzeitig von der Decke rutsch…

Hund wird zurück auf die Decke gelegt. Oder es wird versucht. Er beisst in die Hände, windet sich wie ein Aal, schnischnaschnappi. Auch das wird unterbunden, der Hund wird wieder auf die Decke gelegt.

Nun wird es dem Nachbarshund zu bunt und er schnellt knurrend Richtung in die Richtung des Schnischnaschnappis. Es wird kurz unruhig, beide werden wieder zurück auf ihre Decken gelegt. Ruhig atmen. Den Blick wieder vom Hund nehmen, sich weiter unterhalten.

Und nein, diese Übung ist auch nicht nach drei Minuten beendet. Denn auch junge Hunde können lernen, dass einfach mal wirklich lange lange lange nichts passiert. Eine Stunde Langeweile kann wirklich unglaublich viel bewirken.

 

Übrigens: Die helle Wuschelhündin rechts im Bild kam etwa drei Wochen, bevor dieser Text entstand, mit einer extrem ausgeprägten Leinenaggression zu uns. Auf diesem Bild ist sie das zweite Mal bei uns im Training, es hat noch zwei weitere Hunde ihr direkt gegenüber und sie hat unglaublich schnell verstanden, dass es nicht (mehr) ihr Job ist, gegen alles und jeden zu pöbeln, sondern dass es viel angenehmer ist, dies einfach ihren Menschen zu übergeben.


Frust macht freundlich

Stolze Welpenbesitzer*Innen: «Ist er nicht süss? Und er kann schon Sitz und Platz und Pfötchen geben!»

Ich: «Kann er auch schon Frust?»

 

Szenenwechsel

 

«Kindern und Jugendlichen mit geringer Frustrationstoleranz fällt es häufig sehr schwer, den sozialen Erfordernissen in Schule, Lehre und Alltag gerecht zu werden. Sie haben Mühe, sich bestehenden Regeln unterzuordnen, auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten anderer Rücksicht zu nehmen und eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Sie geraten unter Druck und reagieren schneller mit Gewalt.» (Aus: Jugend und Gewalt, Informationen und Tipps für Eltern und Erziehungsberechtigte. KKJPD 2010)

«Sogar überbehütete Kinder können gewalttätig werden – oft gegen die eigene Mutter. Sie haben nicht gelernt, sich selber zu beschäftigen, können sich als Jugendliche nicht einschätzen und haben eine geringe Frustrationstoleranz. (…) «Wie ein dreijähriges Kind in der Trotzphase, aber mit der Kraft und Intelligenz eines Teenagers»; so hat es Johannes Kapp von der Krisenintervention Bussola ausgedrückt.» (Quelle: https://www.aargauerzeitung.ch/leben/nach-carlos-prozess-warum-werden-manche-kinder-zu-gewalttatern-und-andere-nicht-ld.1168025)

 

Es ist wohl niemandem entgangen, dass in den letzten Jahrzehnten Fälle von schweren Gewaltdelikten, die durch Jugendliche verübt werden, zugenommen haben. Ich rede da nicht von irgendwelchen Schlägereien. Sondern von jugendlichen Tätern, welche ihre Opfer abstechen, verstümmeln, derart zusammenschlagen, dass sie schwerste Schäden davontragen oder sogar sterben.

Und es spielt keine grosse Rolle, welche Studien und Artikel man liest, um den Ursachen auf den Grund zu gehen. Ein auslösender Faktor wird überall genannt: Geringe Frustrationstoleranz. Also die Fähigkeit des Gehirns, mit Frust umgehen zu können. Mit dem Gefühl von «ich will das haben und ich bekomm es nicht!» umgehen zu können.

Der Klassiker dazu: Brüllendes, um sich schlagendes, dreijähriges Kind im Supermarkt. Die wunderbare Trotzphase. Was lernt denn da ein Kind optimalerweise? Wozu gibt es diese Phase überhaupt? Beziehungsweise, was passiert denn da im Gehirn? Das Kind lernt, dass es nicht alles jetzt sofort haben kann. Und dass das Leben trotzdem weitergeht. Und dass man trotzdem noch geliebt wird, auch wenn man sich absolut daneben benommen hat. Und dass man nicht alles bekommt, auch dann nicht, wenn man mit dem Kopf durch die Wand geht. Und dass diese Wut wieder vorbei geht. Und dass das Schokoladendingsda in einer halben Stunde doch nicht mehr soooo wichtig ist.

Und im Gehirn werden fleissig fleissig neue Strukturen gebaut, damit in ein paar Wochen, Monaten, Jahren nicht mehr derart viel Wut da ist, wenn etwas nicht ganz so läuft, wie man möchte. Denn das ist unangenehm und brutal anstrengend. Und macht irgendwann sozial auch einsam.

Es wird sozusagen an einer hirninternen Dämmung gearbeitet, damit nicht mehr alles sofort hochkocht und in Alarmbereitschaft ist, wenn einem mit 16 die Fussballtrainerin erklärt, dass man beim nächsten Spiel auf der Ersatzbank sitzen wird. Oder wenn dieser Typ da vor dir in den Club gelassen wird, aber bei dir heisst es: Nein, du nicht.

Oder wenn du unbedingt zu dieser coolen Hündin dorthin möchtest, aber dein blöder Mensch hält dich an der Leine zurück. Oha. Entschuldigung. Nun sind wir ganz plötzlich wieder beim Hund gelandet. Beim pubertierenden Hund. Irgendwo zwischen 16 Wochen und ca. dreijährig. Denn es ist nicht nur bei den Menschen so, sondern leider auch bei den Hunden: Viel häufiger als noch vor 30 Jahren begegnen mir heute Hunde, die bereits in sehr jungem Alter mit unangemessener Aggression und/oder Wut reagieren, wenn sie nicht das bekommen, was sie wollen. Ihre Frustrationstoleranz ist erschreckend niedrig, dafür können sie bereits mit 14 Wochen Sitz und Platz und 32 andere Kunststücke. Aber mit Frust umzugehen, lernen sie immer weniger und es ist genau wie beim Menschen: Sie explodieren unglaublich schnell und völlig unangemessen. Hier ein paar Beispiele aus dem Alltag:

  • Sie wenden sich an der Leine, wenn sie nicht dorthin dürfen, wo sie hinwollen, gegen ihre Menschen und beissen (nein, es ist nicht ein «Schnappen». Es ist auch nicht «Zufall», dass er die Hand oder das Bein des Menschen erwischt hat. Und es ist auch nicht so, dass «er das gar nicht wollte»).
  • Sie lassen sich nicht abtrocknen, nicht die Pfoten kontrollieren (und zwar dann und dort, wo der Mensch das möchte), nicht die Ohren kontrollieren, ohne steif zu werden, zu knurren oder ihre Menschen anzugehen.
  • Bürsten ist nicht oder nur in Etappen (nach zwei Minuten wird Pause gemacht) möglich, da der Hund das nicht länger möchte. Und dann knurrt und dann…
  • Sie können nicht an einem zugewiesenen Ort (z.B. einer Decke) bleiben, ohne dass sie dauernd dafür gefüttert werden. Und zwar egal, ob jetzt da andere Hunde, spielende Kinder oder was auch immer an Leben drumherum stattfindet. Wird das Liegenbleiben über eine längere Zeit ganz selbstverständlich ohne Futter eingefordert, reagiert der Hund mit Winseln, Bellen, Wut, Aggression, er beginnt die Decke oder Leine zu zerstören oder beisst seinen oder sonst einen Menschen.
  • Beim körperlichen Raum nehmen durch einen erwachsenen, stabilen Hund, greifen sie diesen mit Beschädigungsabsicht umgehend an.
  • Beim Tierarzt sind einfachste Untersuchungen nicht möglich, ohne dass Hund sich wehrt und um sich beisst. 

Und jetzt? Was tun? Eigentlich wäre es ganz einfach. Eigentlich. Neben «Sitz» und «Platz» und «Pfötchen» und «ganz toll Mantrailen mit 16 Wochen» gäbe es da etwas, das viel wichtiger wäre: Die Lust am Frust beim ach so stolzen Menschen. Das müsste zuoberst, an allererster Stelle stehen. Auch in den Hundeschulen. Denn ein Hund (und auch ein Mensch), der lernen durfte, mit Frust umzugehen, wird später ein deutlich zufriedeneres und entspannteres Leben haben können.

Und Dinge wie «an lockerer Leine gehen», «Sitzen bleiben, wenn ich eine Katze sehe», «im Restaurant unter dem Tisch pennen» sind tausendmal einfacher, wenn da zwischen den Ohren ein Hirn sitzt, dem die Möglichkeit geboten wurde zu lernen, mit Frust umzugehen.

Und wie soll man das denn tun? Indem man seinem Welpen und Junghund immer und immer wieder bewusst in Situationen führt, die ihn frustrieren und die er nach einer Weile bewältigen kann. Er wird ruhig(er) und entspannt(er). Und zwar OHNE dafür (und auch nicht etwas später) gefüttert zu werden. Und lernt so wieder ein bisschen besser mit Frust umzugehen. Hier ein paar konkrete Denkanstösse dazu:

 

  • Ich sitze, kniee auf dem Boden oder einem Hocker und halte meinen Hund an meiner Seite (ich nenne das «Halteübung»), so dass der Hund mit mir Körperkontakt hat und behalte meine Hände am Hund. Eine vorne an der Brust, die andere etwa oberhalb des Hundeellbogens, so dass ich ihn wirklich halten und einrahmen kann. Ich sage nichts, ich «moduliere» den Hund einfach so, wie ich es gerne hätte: Neben und nicht vor mir, alle vier Pfoten auf dem Boden (nicht auf oder vor meinem Fuss), stehend. Er will sich setzen? Meine Hand wandert unter den Bauch und stellt den Hund wieder auf. Ruhig, klar und entspannt. Genauso, wenn er beginnt zu zappeln, rückwärts oder vorwärts will.
  • Sobald diese «Grundübung» einigermassen sitzt, mache ich das auch, wenn Ablenkung rundherum ist: Andere Hunde, spielende Kinder, …
  • Ich bürste meinen Hund. Egal wann und wo. Und zwar auch an Körperstellen, die er nicht so mag. Ruhig, aber klar und zielgerichtet.
  • Im Junghundekurs hat ein Team grossen Spass und tollt umher, während mein Hund da nicht hindarf. Er liegt auf der Decke. Ohne mit ihm zu reden oder ihn zu füttern. Wenn er aufsteht, lege ich ihn wieder hin. Ohne wütend zu sein. Ohne ihn gross anzuschauen. Einfach durch eine klare Körperarbeit am Hund.
  • Du hast einen souveränen Zweithund oder kennst jemanden, der einen hat? Wunderbar: Beide bekommen einen Kauartikel, der vom Junghund/Welpen ist so gewählt, dass er früher fertig ist damit und er damit umgehen lernen darf, dass der andere Hund etwas hat, das er auch möchte (aus Sicherheitsgründen, bzw. wenn sich die Hunde nicht wirklich gut kennen, die Hunde durch ein Gitter trennen).
  • Ich leine meinen Hund im Wohnzimmer auf seinem Platz an oder er ist räumlich durch ein Gitter abgetrennt und es kommt Besuch (der den Hund natürlich ignorieren soll).
  • Heute darf er nicht aufs Sofa. Alle andern schon. Weshalb? Einfach so. Um den Umgang mit Frust zu üben. Immer, wenn er hoch will, schiebe ich ihn wieder kommentarlos runter.

 

Wichtig ist an dieser Stelle den Unterschied zwischen Übungen zur Impulskontrolle/zum Belohnungsaufschub und zur Frustrationstoleranz zu verstehen: Wenn es um die Impulskontrolle geht (auch wichtig!), bekommt der Hund das Gewünschte nicht sofort, sondern etwas später. Er soll lernen, sich zu beherrschen, zurückzunehmen und sich zu kontrollieren. Üben wir an der Frustrationstoleranz, lösen wir ganz bewusst Frust aus und der Hund bekommt NICHT, was er möchte, beziehungsweise kann nicht dorthin, wo er hin möchte.

Es gibt 1001 Möglichkeit, um immer und immer wieder im Alltag an der Frustrationstoleranz zu üben. Und auch wenn es uns Menschen immer wieder schwer fällt, hilft es, wenn man sich bewusst wird, dass wir dem Hund damit etwas unglaublich Wichtiges für seine Lebensqualität mitgeben! Aber das kann nur gelingen, wenn wir dem Gehirn die Möglichkeit bieten, die nötigen Strukturen dafür auszubauen. Denn wie oben geschrieben: Wer Frust kann, wird es gemütlicher haben im Leben. Und mit viel kleinerer Wahrscheinlichkeit zum Gewalttäter. Egal, ob Mensch oder Hund. 

 

Übrigens: Auch ältere Hunde können noch lernen, mit Frustration besser umzugehen, jedoch nicht mehr so einfach, wie das bei Junghunden und Welpen möglich ist. Es dauert länger und ist für alle Beteiligten anstrengender (aber dennoch lohnenswert!).

 

Also: Packen wirs an!

 


Pubertiere

Pubertierende Hunde können - wie menschliche Jugendliche übrigens auch - sehr anstrengend sein. Aus dem süssen, netten, aufmerksamen Fellknäuel wird ein schwerhöriges, zickiges und extrem eigenständiges Individuum. Mit eigenen Ideen, Vorstellungen und einer enormen Durchsetzungskraft. Das stolze "Er kommt immer sofort, wenn ich rufe" ist nur noch ein leises Rauschen in der Erinnerung aller Beteiligten...

Und nun? Tja. Nun wirds anstrengend. Wie mit den zweibeinigen Kids auch. Mal mehr, mal weniger. Mal länger, mal kürzer. Mal auch wirklich heftig. Dranbleiben. Dranbleiben. Dranbleiben. Die eigenen Kräfte einteilen. Ehrlich sein. Nicht allen erzählen, dass alles super läuft. Offen sein. Dass man dieses Fellteil da am liebsten auf den Mond, in den Wald, die Wüste... und dass man manchmal nicht mehr weiss, woher man die Energie und Kraft nehmen soll... und dass wenn man das gewusst hätte, dann... und überhaupt.

 

Und falls man dann in der Hundeschule nicht verstanden wird, soll man sich eine neue suchen. Und wenn einem überall zum Alleswunderheilmittel Kastration geraten wird, bitte auch mal nachfragen, ob denn der pubertierende Sohn auch bereits kastriert wurde. Und ja, Hunde sind nicht immer einfach. Aber das müssen sie auch nicht sein.

Und wie bei Menschen auch, passiert in dieser Zeit der Pubertät nicht nur viel im Hirn, sondern auch unglaublich viel in der körperlichen Entwicklung. Und dem muss man nun als Mensch auch gerecht werden: Da reichen vielleicht die Spaziergänge - auch wenn sie lang sind - plötzlich nicht mehr, um all die überschiessende Energie sinnvoll loszuwerden. Da braucht es vielleicht auch mal die Möglichkeit, dass Hundi seine Hirnzellen schlau gebrauchen soll und mit seinem Menschen im Team was Cooles erarbeiten kann. Und damit meine ich nicht irgendwelche öden Hundeschulaufgaben wie durch den Tunnel laufen, auf einen Tisch springen und Sitz und Platz. Nichts, was mit Erziehung zu tun hat. Sondern ein geiles Hobby. So etwas wie für die Menschen Fussball oder Reiten oder Unihockey oder Boxen. Keine Ahnung. Irgendwas, das wirklich müde und wirklich zufrieden macht.

 

Wir können nicht immer nur erwarten, dass unsere Hunde funktionieren, aufmerksam sind und sich zurücknehmen, ohne dass wir mit ihrer Entwicklung mitgehen. Irgendwann müssen sie auch Gas geben können. Körperlich und auch mental. Sich richtig auslasten können, macht glücklich und zufrieden. Und ja, das braucht wieder Zeit und wieder muss man sich irgendwo was suchen und hinfahren und würde doch lieber einfach nur ein paar Minuten spazieren gehen.

Hunde sind eben Hunde. Hochsozial, pubertär, anstrengend und absolut toll. Und wir sind es ihnen schuldig, dass wir sie mit all ihren Seiten nehmen. Und nicht nur Erwartungen haben. Sondern ihnen auch in ihrer Indivdualität und aber auch ihrem genetischen Hintergrund gerecht werden. Und damit meine ich nicht, dass Hunde dauerbeschäftigt und -bespasst werden müssen. Aber wir können nicht immer nur einfordern und verlangen, ohne ihnen auch entgegen zu kommen. In ihrer Entwicklung, in ihrer Rasse, in ihrer Individualität.

Ihr könnt euch keinen Elefanten ins Haus holen und dann staunen, wenn er fünf Monate später nicht mehr in den Hamsterkäfig passt.

 


Zwischen Wahnsinn und Illusion

Oder wenn der Elefant nicht in den Hamsterkäfig passt

 

Ich nehme euch mit auf eine kleine Reise:

Sonnendurchflutetes Wohnzimmer, Sonntagmorgen, Konfitüre und Orangensaft auf dem Tisch, eine Familie (natürlich ein Junge, ein Mädchen, Mama und Papa): Der Junge kommt gerade mit verwuschelten Haaren verschlafen die Treppe runter, das Mädchen sitzt beim Papa auf dem Schoss, die Mama öffnet die Terrassentüre in den Garten. Und was fehlt noch? Natürlich: Ein heller, tollpatschiger Goldi-Welpe wuselt zwischen allen herum, lässt sich knuddeln und umarmen, zieht schliesslich dem Jungen den Hausschuh vom Fuss und flitzt damit in den wunderbar gepflegten Garten. Alle lachen und… usw. usw. usw.

Alle kennen wir diese illusorischen Bilder, die uns jahrein jahraus mit ein paar Variationen, aber mit der immer gleichen Message, in Werbespots vorgeführt werden und die irgendwo tief in unserem Inneren diese Sehnsucht nach Glück und immerwährender Liebe kitzeln. Harmonie in Reinkultur.

 

Schnitt – Klappe 4652 – zurück auf Feld 1

 

Ich nehme euch mit auf eine kleine Reise:

Wohnzimmer, draussen scheint die Sonne, die teilweise bis zum Boden reichenden Fenster haben auf Hundenase- und Kinderhändehöhe seltsam neblige Schleier. Auf dem Tisch steht Konfitüre, der Papa wischt gerade zähneknirschend den Orangensaft von Tisch, Stuhl und Boden auf, während der weinende Junge aufstampfend im Hintergrund mit den Worten „ich helfe euch nie wieder den Tisch zu decken!" verschwindet. Eine Türe knallt. Die Mama lehnt müde, mit einem leeren Kaffeebecher in der Hand, neben der Kaffeemaschine, auf deren Display nervös „Grundreinigung durchführen“ aufblinkt. In diesem Moment poltert das Mädchen die Treppe herunter, an ihren Pyjama-Hosen hängt der helle Goldi-Welpe: Er knurrt, zerrt und schüttelt an dem sich so toll bewegenden Stück Stoff. „Du tust mir weh!", schreit das Mädchen, während sie mit Tränen in den Augen versucht… usw. usw. usw.

 

Und so sieht dann der verzweifelte Alltag aus, in dem sich die Menschen wiederfinden. Eigentlich hatten sie sich das Leben mit einem Welpen ganz anders vorgestellt.

Und alle, die nun denken „ach, übertreib mal nicht“ oder „die hätten sich halt besser informieren sollen“ oder „das würde mir NIE passieren“ oder was auch immer: Stopp. Niemand, der sich in solch einer Situation wiederfindet, egal, ob mit einem Welpen, einem Hund aus dem Tierschutz, aus dritter Hand, hat sich bewusst in diese Situation gebracht. Ja, manchmal zu blauäugig (waren wir das nicht alle mal?), manchmal von sich zu sehr überzeugt, manchmal schlicht nicht in der Lage, sich vorstellen zu können, dass es auch ganz anders kommen kann.

 

Doch was tun? Eigentlich wäre es ganz einfach. Und eigentlich hilft nur eins: Die Wahrheit. Und damit meine ich nicht nur die Werbebranche. Sondern auch die Trainerschaft, Tierheime usw. Wie wärs, wenn wir alle dazu stehen würden, dass das Leben mit Hunden (oder Kindern, Partnerinnen und Partnern usw.) nicht immer nur schön, toll und erfolgreich ist? Sondern immer mal wieder (auch über längere Zeiten) schwierig und zum Verzweifeln?

Auch mich als Trainerin, Coach und wasweissichnochalles bringen meine Hunde immer mal wieder an den Anschlag, werfen Fragen auf, lassen mich an mir selbst zweifeln. Wie wärs, wenn wir auch genau solche Momente mal auf facebook oder auf unsere wwws stellen? Wenn wir dann mitteilen, dass es auch für uns „Profis“ mal verdammt schwierig sein kann?

Auch ich hole mir immer mal wieder Hilfe von aussen. Brauche Input, einen neutralen Blick von anderen Trainerinnen und Trainern. In Managerkreisen gehört „Supervision“ heutzutage zum guten Ton. Ist ein Zeichen von Qualität. Und genau darum ginge es doch: Wenn der Alltag mit unserem Hund (zu) anstrengend oder ganz anders wird, als wir es uns vorgestellt haben, ist es Zeit, Verantwortung zu übernehmen für das Tier, das wir uns geholt haben. Und das bedeutet, dass man sich Unterstützung holt. Damit Veränderung möglich wird. Damit wir an unseren Herausforderungen wachsen können. Und nicht daran verzweifeln. Und damit Hunde ein hundegerechtes Leben führen können. Nicht immer genau so, wie wir es uns vielleicht vorgestellt haben. Sondern so, wie Hunde – oder genau DIESER Hund, den wir uns geholt haben – eben sind. Gemeinsam.


"Weshalb?" - "Weil ich es kann"

«Mein Hund läuft immer frei. Weshalb nehmen Sie Ihren Hund an die Leine?»

«Weil ich es kann.»

Weil ich in der Lage bin, angeleint mit meinen Hunden andere Hunde zu kreuzen.

Weil ich weiss, dass viele Menschen Angst haben vor Hunden. Egal, wie gross, dick, dünn, gut erzogen oder nett sie sind.

Weil ich es für ein Zeichen von Anstand, Respekt und gegenseitiger Rücksichtnahme halte, meinen Hund bei Jogger*Innnen, Spaziergänger*Innen, Reiter*Innen, Radfahrenden usw. kurz an die Leine zu nehmen.

«Mein Hund braucht nur ein Halsband.»

«Meine Hunde tragen mal Halsband, mal Geschirr, manchmal beides. Und hin und wieder benutze ich sogar eine Führhilfe wie einen GentleLeader oder ein Newtrix.»

«Weshalb?»

«Weil wir alles können.»

Weil es in meinen Augen hilfreich und zielführend ist. Und weil es mir, meinem Hund, meinem Rücken und unserer Beziehung gut tut.

 

«Ihr armer Hund muss einen Maulkorb tragen? Aber warum?»

«Weil er es kann.»

Weil ich so meinen Hund, mein Umfeld und mich schützen kann.

Weil es ein Zeichen dafür ist, dass ich meinen Hund sehr gut kenne und weiss, dass ich ihn zwar sehr wohl kontrollieren kann, mein Umfeld jedoch nicht immer.

 

«Du arbeitest mit Leckerli? Meiner gehorcht auch so immer und ich möchte doch nicht immer Futter mitschleppen müssen. Weshalb tust du das?»

«Weil ich es kann.»

Weil es ein Unterschied ist, ob mein Hund mit Futter gelockt, abgelenkt und bestochen wird oder ob ich es als (zusätzliche) Belohnung für ein erwünschtes Verhalten benutze.

Weil Futter als Belohnung in gewissen Situationen sehr nützlich und hilfreich sein kann.

Weil ich genau unterscheiden kann, wann Futter hilfreich und nachhaltig und wann es zur behindernden Krücke wird.

 

Und weil ich es satt habe, dass es immer um besser, schlechter, mimimi, hardcore und was auch immer geht. Danke.


Kastrieren statt Erziehen

Da vernünftige Argumente nicht mehr zu zählen scheinen und sehr häufig im Namen des „Tierschutzes“ alles kastriert wird, das wie ein Hund aussieht, egal, wie jung es auch sein mag, möchte ich hier mal die ganze Thematik aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachten.

Mögliches Szenario 1:

„Burim? Bist du es?"

„Sabine! Was machst du denn hier? Wie lange ist es denn her?"

„Burim. Ich fass es nicht. Wie geht es dir? Was machst du?"

„Ich arbeite hier seit bald zehn Jahren. Wie alt sind denn deine Kinder jetzt? Der Baby-Schwimmkurs ist ja nun doch schon ein paar Jahre her."

„Meine Tochter ist 12, der Sohn 14."

„Oha. Dann ist bei euch also auch Pubertät an der Tagesordnung. Bei uns auch. Unser Kleiner ist neun, der Grosse 13."

„Ja, es ist echt anstrengend. Luca hat grosse Schwierigkeiten, sich in der Schule zu konzentrieren und die Hausaufgaben führen zu Hause zu einem Dauerkrieg."

„Habt ihr schon über eine Kastration nachgedacht? Das soll helfen."

 

Mögliches Szenario 2:

„Burim? Bist du es?"

„Sabine! Was machst du denn hier? Wie lange ist es denn her?"

„Burim. Ich fass es nicht. Wie geht es dir? Was machst du?"

„Ich arbeite hier seit bald zehn Jahren. Wie alt sind denn deine Kinder jetzt? Der Baby-Schwimmkurs ist ja nun doch schon ein paar Jahre her."

„Meine Tochter ist 12, der Sohn 14."

„Oha. Dann ist bei euch also auch Pubertät an der Tagesordnung. Bei uns auch. Unser Kleiner ist neun, der Grosse 13."

„Du sagst es. Manchmal wünsche ich sie mir so klein und süss zurück wie damals. Laura hat sich vorgestern die Haare blau gefärbt, hängt nur noch mit ihren neuen Kollegen rum und findet all ihre Freundinnen meeeegaaaa öde."

„Oh. Das klingt echt anstrengend. Ich würde sie sofort kastrieren lassen. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht bei Luis. Der Kinderarzt hat uns damals dazu geraten als er acht war, damit es später nicht zu Streitereien mit Jan, dem jüngeren Bruder, kommt und damit es ihm leichter fällt, sich in der Fussballmannschaft zu integrieren."

 

Mögliches Szenario 354672:

„Ich würde ihn kastrieren."

 

Hunde sind hochsoziale (und nicht einfach trieb- und hormongesteuerte) Wesen. Geschlechtshormone dienen nicht einfach nur der Fortpflanzung. Sie haben sehr sehr viele andere wichtige Funktionen, damit Hunde körperlich und geistig erwachsen und stabil werden können (JEDE Kastration hat auch körperliche Nebenwirkungen! Mehr dazu im Buch von Sophie Strodtbeck und Udo Ganslosser: „Kastration und Verhalten beim Hund").

Und ja, Hunde sind – wie Menschen auch – nicht immer nur süss und nett und pflegeleicht. Und die Pubertät ist anstrengend. Für alle Beteiligten. Aber Hunde einfach per se zu kastrieren oder genau dann, wenn sie mitten in der Pubertät stecken, sich beginnen zu zoffen, (noch) nicht wissen, wer sie sind und was sie sich und ihrem Gegenüber zutrauen können, alles und jeden in Frage stellen, ist keine Lösung. Oder kastrieren wir unsere Kinder, sobald sie anstrengend und mühsam werden oder besser noch vorher? Am besten gleich im Kindergartenalter?

Kastration KANN bei Schwierigkeiten, die sexuell bedingt sind, helfen. Muss aber nicht. Und ja, Kastration kann es noch schwieriger werden lassen. Sogar ziemlich häufig. Daher heisst es: Augen auf VOR der Kastration! Denn Kastration ersetzt keine Erziehung. Nie.


Junghunde sind jung - aber nicht blöd

Eigentlich kann er das schon."

Tja. So ist das mit Junghunden: Eigentlich. Das Zauberwort heisst eigentlich. Was sie gestern mit links gemacht haben, ist morgen zwischen dem Anziehen der Lederjacke und dem Stylen der Punkfrisur als "unwichtig" eingestuft und aus dem Sortiment gekippt worden. Weil uncool. Oder keine Lust. Oder einfach so. Weil Pubertät.

Und nun? Zurück auf Feld 1 und wieder wie beim Welpen alles schön kleinschrittig? Nein! Denn Junghunde sind eben keine Welpen mehr. Junghunde sind mitten in der Pubertät. Sie sind in Entwicklung.

 

Sie wollen wissen, wer sie sind. Wer wir sind. Wie ihre Menschen ticken. Ob auf uns Verlass ist. Und ob das jetzt wirklich sein muss. Denn es ist langweilig und blöd und keine Lust und überhaupt. Und genau das ist unser Job, angemessene Erwartungen zu haben und sie auch einzufordern: Ich sage, was ich möchte, wenn es klappt, ist das wunderbar, wenn nicht, fordere ich es ruhig und klar ein. Ohne wütend zu sein, ohne alles noch ein zweites, drittes, viertes Mal zu sagen. Ich möchte ja keine Taubheit antrainieren. Das nennt sich Erziehung. Und Erziehung ist für alle Beteiligten immer mal wieder anstrengend.

Junghunde sind nicht blöd. Oder doof. Es ist auch nicht so, dass sie es nicht können oder echt vergessen haben. Okay. Manchmal ist da schon etwas viel Konfetti im Kopf. Aber dann helfe ich zu sortieren, fordere ein und bleibe klar. Denn sie wollen ernst genommen werden.


Wie ich zum Pudel kam

"Und was macht eigentlich der Pudel?"

Der Pudel? Der Pudel ist einfach. Der Pudel ist...

 

... meine mentale Freizeit.

... mein "Ich-lass-das-Hirn-hängen-Hund".

... voll in der Pubertät.

... sehr viel Hund in wenig Körper.

... ein grosser Menschenfreund.

... ein cooler Typ.

... ein stabiler, in sich ruhender Hund.

... grössenwahnsinnig.

... klein, aber oho.

... unglaublich lustig.

 

... einfach perfekt für mich in meiner aktuellen Lebenssituation.

... einfach da. Einfach dabei. Einfach einfach. Für mich.

Also ist Snøfrid DER perfekte Hund schlechthin? Einmal Pudel, immer Pudel? Nein. So einfach ist es nicht. Ist es nie. Aber für MICH, jetzt, in meiner aktuellen Lebenssituation mit zwei schulpflichtigen Kids, einem nicht immer ganz einfachen schwarzen Wahnsinnigen daneben und einem Job, der mental einiges von mir abverlangt, ist er einfach perfekt.

Für mich ist er ein einfacher Hund. Was nicht heissen soll, dass er per se einfach ist. Noch nie hatte ich einen Hund, der gleich zu Beginn klar stellen wollte, dass er nur dann angefasst werden möchte, wenn er nach reiflichen Überlegungen seine schriftliche Genehmigung dafür gegeben hat. Auch sind Ressourcen (wenn auch nicht die "klassischen" wie Futter und Spielzeug) ein grosses Thema, wenn ich nicht in der Nähe bin. Und auch zum Thema Jagen hätte er eine andere Meinung als ich.

Vielleicht grinsen nun die einen oder anderen auf den Stockzähnen: Gerade so sechs Kilogramm Hund? Wo ist da das Problem? Nun ja, körperlich ist es vielleicht keins (oder kein grosses), mental kann dieser kleine Kerl jedoch sehr ernsthaft und sehr gross sein. Und da kann es dann sehr wohl zu Problemen führen, wenn einem ein nachhaltig entspanntes Miteinander wichtig ist.

 

Ich weiss nicht, wie viele Male ich in den vergangenen Jahren ungläubig gefragt wurde: "DU? DU hast einen Pudel? Einen ZWERGPudel?" Ja. Ich. Nach all meinen Hunden aus Arbeitslinie mit ihrem unglaublich genialen körperlichen und mentalen Drive habe ich nun einen Pudel. Und dazu noch einen kleinen.

Weshalb dieser Wechsel? Nun ja. Es war und ist die Zeit, einen Gang runter zu schalten. Mich mental zu entlasten. Und dazu kommt, dass ich neben Tschipolin, der nach Ylvas Tod allein nicht mehr wirklich glücklich war, nicht einen Hund wollte, der die gleiche - oder ähnliche - genetische Disposition hat bezüglich innerer Druck: Ich wollte einen Hund, der nicht sofort auf Tschipis Hektik anspringt, der nicht sofort dabei ist, wenn der Spaniel hochfährt. Und doch sollte es ein Hund sein, der von meinem Leben - und meiner Art - nicht überfordert ist. Und deshalb: Ein Zwergpudel.

Nach all meinen bisherigen Hunden ist der Pudel, so wie er ist, einfach genial.